Engel zweiter Ordnung : Roman

Habringer, Rudolf, 2011
Bibliothek HTL HALLEIN
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85452-669-8
Verfasser Habringer, Rudolf Wikipedia
Systematik DR.D - Kriminalromane
Verlag Picus-Verl.
Ort Wien
Jahr 2011
Umfang 393 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Rudolf Habringer
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Birgit Leitner;
Die ganz normale Welt der Menschen von nebenan erzählt bekommen, sich von Geheimnissen und Nöten berühren lassen und überrascht sein von den Verbindungen, die sich im Laufe des Lesens ergeben. (DR)

Als "Engel zweiter Ordnung" werden die Personen dieses Romans in drei Teilen bezeichnet. Am Beginn steht die Geschichte des Literaturprofessors Arnold Werner, die mit dem dramatischen Tod einer Segelgruppe beginnt und von einer nachwirkenden Jugendromanze erzählt, dann die Geschichte des Detektivs Seisenbacher, der vom Professor den Auftrag bekommt, die Daten der Jugendliebe Katharina auszuforschen und darin seine Chance auf einen großen Fall erkennt, und im dritten Teil dann der Perspektivenwechsel zur Politikergattin, die ihren Blick auf die miteinander verwobenen Biografien preisgibt.
Eine dynamische Entwicklung, bei der offenbar jede mit jedem in Verbindung steht, die zum Schmunzeln Anlass gibt, oft mit bitterem Beigeschmack. Ein Lesevergnügen, das in den Bann zieht und Einblick gibt in eigenwillige Lebensbiografien. Schön erzählt sind oft nebensächliche Einzelheiten zum Berufsalltag der drei Protagonisten, interessant wirken die unterschiedlichen Konstellationen und Verbindungen der beschriebenen Patchwork-Familien. Dem oberösterreichischen Autor Habringer ist es mit dem Roman gelungen, das vorerst unauffällige Leben seiner Hauptdarsteller in Bewegung zu bringen, deren allzu menschliche Denkweisen und Handlungsmechanismen zu entlarven und das Lesepublikum mit skurrilen Wendungen zu überraschen.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Helmut Sturm;
Witz, Ironie und tiefere Bedeutung
Rudolf Habringers neuer Roman "Engel zweiter Ordnung"
Um Himmels Willen, was sind Engel zweiter Ordnung? Das Motto aus den Tagebüchern Franz Kafkas, das Rudolf Habringer seinem neuen Roman voranstellt, hilft einem da nicht weiter. Kafkas Eintrag "aus den Erzählungen Langers" vom 6. 10. 1915 über einen Zadik Hador ist eine seltsame Geschichte, in der es um unstillbaren Hunger geht und die Überraschung, dass der oberste Zadik kein "Engel ersten Grades", sondern einer "zweiten Grades" sei. Offensichtlich wird hier mit einer seit der Antike (Plotin) und dem Mittelalter (Pseudo-Dionysius) gebräuchlichen Hierarchie gerechnet, in der auch der Mensch lokalisiert wird. "Zweiter Ordnung" muss da so viel bedeuten wie nicht vollkommen, mit Fehlern behaftet.
Der aus dem oberösterreichischen Desselbrunn stammende Habringer stellt seinem Roman nach dem Motto einen "Prolog" voran, der die Ereignisse zweier Tage schildert. Wir erfahren von einem tödlichen Bootsunglück auf dem Traunsee, das ein Kind als Waisen zurücklässt. "Niemand hörte, niemand kam, niemand half. Kein Mensch, kein Engel und kein Gott." Ein trostloser Anfang, der den studierten Theologen, der Rudolf Habringer ist, die Theodizee evozieren lässt. Wer oder was ist verantwortlich für das Unheil der Welt? Der Mensch, der "Engel zweiter Ordnung", "ein Engel mit Fliegerohren"?
Richtig, in diesem Roman spielt das Kabarettistisch-Satirische keine geringe Rolle. Es färbt den gesamten Text. Dieser ist gegliedert in drei Kapitel, wobei dieses Wort hier nicht wirklich zutreffend ist. Es wird die Geschichte, die auf den Prolog folgt, dreimal erzählt, und jede Variante für sich könnte als kurzer Roman durchgehen. Dabei gelingt es Rudolf Habringer, den Leser bei der Stange zu halten, denn er kann zeigen, dass verschiedene Perspektiven gänzlich verschiedene Konstrukte von Wirklichkeit ergeben. Und das ist spannend.
Der "Prolog" spricht freilich nicht bloß das Trost- und Sinnlose an, sondern erzählt auch von der Erfahrung des nunmehr vaterlosen Buben Arnold, der in einer "unsichtbaren Verbindung" zu Katharina steht. "Er stellte sich vor, Katharinas Blick hätte eine Sichtbrücke, ein kunstvolles Gerüst aus Licht zwischen ihnen erbaut, und als sie den Blick löste, hatte sich die Brücke aus Licht geteilt. Jeder von ihnen trug seither einen Teil der Brücke, unsichtbar für alle, mit sich herum". Mit Sinnlosigkeit (oder dem Verdacht darauf) und Liebe sind die beiden Elemente benannt, die alles Weitere antreiben. Durch Zufall trifft Arnold, mittlerweile Professor am Germanistikinstitut der Universität Regensburg, Katharina bei einer Veranstaltung in Oberösterreich wieder. Er beauftragt einen Privatdetektiv, um an ihre Adresse zu kommen. Der mit einer engagierten Psychologin verheiratete Professor, der sich "jahrelang ein Wunschverbot auferlegt" hatte, kontaktiert Katharina, die mit einem sich gerade im Wahlkampf befindlichen Landespolitiker verheiratet ist. Es kommt zu einem Treffen in Krumau, aber sie werden beobachtet. Das Weitere sei nicht verraten. Arnold, Spezialist für österreichische Literatur und "Faulpelz der Sonderklasse", ist mit allen Wassern der Hermeneutik gewaschen, schlägt immer wieder überraschende Lesarten vor, ist selbstreflexiv und humorvoll, schreibt in einer Email "Es ist doch nur ein Spiel" und erweist sich zuletzt als ein Indiz dafür, dass Spiel und Ernst leicht verwechselt werden können oder vielleicht gar nicht auseinanderzuhalten sind.
Das Mittelstück enthält die Perspektive des Linzer Privatdetektivs Seisenbacher. Seine Maxime lautet "Antizipieren! Immer einen Schritt voraus sein." Dieser Abschnitt erinnert an Krimis von Martin Amanshauser oder an Franzobels "Austrian-Psycho-Trashkrimis". Tatsächlich wird hier das Leben bestimmt als "Schundroman, eine Einerseits-anderer-seits-Falle". Hier geht es mit dem Autor beinahe durch. Doch das Skurrile, das Blödeln, gerade wenn es übertrieben wird, verbirgt hinter der amüsanten und hohlen Fassade den Abgrund. Im Schundroman "wimmelte es nur so von Geliebten, Exgeliebten und So-etwas-wie-Geliebten". Das ist freilich auch eine recht treffende Beschreibung des gesamten Buches. Alle Protagonisten sind irgendwie miteinander verwandt oder liiert und zusammen in dem gefangen, das der Intellektuelle darunter, nämlich Arnold, für ein Spiel hält. Als ein Einsprengsel taucht in diesem Zusammenhang eine Parabel auf, in der das Leben sich im Boxring bewegt. "Wer ist hier eigentlich der Ringrichter?" Offensichtlich keiner der Engel zweiter Ordnung.
Der Rezensent hat die Angewohnheit, beim Lesen Stellen durch Eselsohren zu markieren. Der dritte Abschnitt des Romans hat davon die meisten abbekommen. Nun ist es die Perspektive Katharinas, aus der erzählt wird. "Sie war keine Heilige, kein asexueller Engel." Die Frau des Politikers ist eine Person aus dem Mainstream. Solche Menschen lebensnah zu schildern, ist nicht einfach. Rudolf Habringer gelingt es, sodass die Leser ihm und seinen Engeln zweiter Ordnung auch durch den letzten Abschnitt folgen werden.
Bemerkung Katalogisat importiert von: Rezensionen online open (inkl. Stadtbib. Salzburg)
Exemplare
Ex.nr. Standort
7082 DR.D, Hab

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