Isabel : Roman

Zaimoglu, Feridun, 2014
Bibliothek HTL HALLEIN
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Medienart Buch
ISBN 978-3-462-04607-6
Verfasser Zaimoglu, Feridun Wikipedia
Systematik DR.AS - Prosaanthologien: Außereuropa
Verlag Kiepenheuer und Witsch
Ort Köln
Jahr 2014
Umfang 236 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Feridun Zaimoglu
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Simone Klein;
Ein Berliner Schicksal abseits schicker Metropolenklischees. (DR)
Im 2006 erschienenen Roman "Leyla" hatte Feridun Zaimoglu die Geschichte einer jungen Türkin erzählt, die sich auf dem Wege der Emigration nach Deutschland langsam aus den autoritären Familien- und Gewaltverhältnissen ihrer Heimat in die Freiheit kämpfte. In dem 2014 publizierten Roman ist alles umgekehrt: Isabel ist bei modernen, aufgeklärten Eltern in der Türkei aufgewachsen und hat erst in Deutschland Elend und Erniedrigung kennengelernt. Und sie ist gerade von ihrem Lebensgefährten verlassen worden. Reicht das aus, Isabel das Leben einer Obdachlosen führen zu lassen, obwohl sie eine Wohnung in einem Plattenbau am Alexanderplatz hat? Und warum geht Isabel zur Armenspeisung, obwohl sie sich Essen auch kaufen könnte? Dem nicht genug, sind Straßenmädchen ihre besten Freundinnen und sie lässt sich ihrerseits als Voyeurin bei den Sexspielen eines bürgerlichen Ehepaars bezahlen. Just als sie einmal nach Hause reist, erleben wir sie in schönster Eintracht mit ihrem Vater, um sie dann aber unversehens wieder im Berliner Sumpf vorzufinden.
Dieser Ortswechsel führt zwar die gängigen deutschen Klischees sehr schön ad absurdum und offenbart damit eine Absicht des Autors, er sagt aber nichts über die Motive der Protagonistin aus. Überhaupt spart der Roman jegliche rationale Instanz aus. Zaimoglu schreibt fast expressionistisch anmutend direkt aus einer von Hass getriebenen, aufgewühlten Seele, die schleichend vom selbstgewählten Boheme-Prekariat in echte Armut kippt.

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Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: Margot Schwienbacher;
"Keine Lüge tünchen. Ratten fraßen Ratten, Liebe ging zu Ende, Liebende lagen wie glühende Leichname nebeneinander. Nach drei Jahren und zwölf Tagen war das Licht erloschen." Isabels Geschichte beginnt mit einer fulminanten Trennung. Sie verlässt die Wohnung, in der sie als "Haustier" ihres Lebensgefährten gelebt hat und steht nun allein da in Berlin. Es ist nicht das Berlin der Attraktionen und unbegrenzten Möglichkeiten, das sie umgibt. Als Schauspielerin hat die türkischstämmige Isabel keinen Erfolg, sie muss sich als Gelegenheitsdarstellerin durchschlagen. Um zu modeln, ist sie nicht mehr jung und schön genug. Sie besucht einen Nachtclub, weist dort aber einen jüngeren Mann, der sich für sie interessiert, zurück. Isabel beschließt, sich in ihrer Lebensplanung völlig neu zu orientieren. Sie wählt den Weg der Keuschheit und erlaubt ihren Eltern, sich nach einem geeigneten Heiratskandidaten für sie umzusehen, was keinen Erfolg zeitigt. Dann lernt Isabel Marcus kennen, einen Soldaten, der vom Kosovo-Einsatz zurückgekehrt ist. Er ist wortkarg, wirkt hart, will ein auf das Nötigste zusammengekürztes Dasein führen. Die Begegnung verändert das Leben und ihre Sicht darauf für beide. Zaimoglu hat einen Roman vorgelegt, in dem er in knapper, manchmal an der Realität des Gesprochenen vorbeigehender Sprache, Menschen zwischen Schicksalen und Kulturen porträtiert, abseits allen Berlin-Mitte-Glamours.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Je stärker sich die Gefühle ums reine Überleben zu kümmern haben umso klarer wird auch die Sprache dabei. "Du warst sein Haustier und passt in seine Welt wie das Schwein auf das Sofa." (8)
Feridun Zaimoglu ist bekannt dafür, dass er seine Heldinnen und Helden immer in extreme Situationen schickt, wo nur mehr eine radikale Sprache den Sachverhalt zu treffen vermag. Im Roman "Isabel" lenkt sich die Heldin in völlig neue Gefühlsbahnen, um sich in einer verschärften Welt gerade noch über Wasser zu halten.
Als Objekt männlicher Begierde und als auslaufendes Projekt auf dem klassischen Heiratsmarkt der Migration ist Isabel mit den bisherigen Männern am Ende. Vorläufig muss das Hündchen Ruby alles ausbaden, was an Gewalt, Anmache und Irritation auf Isabel zukommt. Sie hat mit ihrem Freund Schluss gemacht, wenn eine neue Anmache daherkommt, sagt sie sinngemäß, dass sie unten verstopft ist. Ein Polizist sagt in so einer Situation dann: "Ich fordere Sie auf, den Spaziergang fortzusetzen." (16)
Während Isabel ihre neue Rolle als Freelancer der Gefühle absteckt, klopft sich am anderen Ende der Stadt der Soldat den Staub des Krieges aus der Erinnerung. "Soldat.
Staub des Kosovo. Ödland." (46) In einer kursiv gesetzten Psycho-Erzählung wird dokumentiert, was ein Krieg mit der Seele veranstaltet. Der Soldat Marcus tickt wie eine aus den Koordinaten entwichene Kampfdrohne.
Dennoch geraten Isabel und Marcus aneinander, es ist ein gewaltiger Kampf um die sexuelle Überlebensgunst, um Geld und die Befriedung alter Geschichten, die sich nicht zähmen lassen. Rundherum explodiert alles in einer Sprache voller Fausthiebe. Wo immer der Soldat auftaucht, sind die Frauen tot, selbst im sogenannten Frieden.
Auch Isabel wird in einer kursiv gesetzten Erzählung abgehorcht und ausgelotet. Es bleibt ein haltloses Leben, wenn die Rollen der Liebhaberin und des Models abgelaufen sind, und die alten kaukasischen Gesetze der Verheiratung und Lebensplanung funktionieren schon gar nicht.
Der Raum ist zu eng für Mann und Frau, heißt die lapidare Erkenntnis. (187)
Als dann die Fehden ausgekämpft und die alten Geschäftssachen erledigt sind, sitzen eine Mutter und ihr Kind wie in einem Stillleben zusammen, der Soldat registriert: Kein Kriegsgebiert.
Am Schluss steht wie in einem fetten Film ein dickes Ende quer über die Seite, vielleicht lässt sich so eine erzählte Geschichte beenden, wenn schon nicht das erzählte Leben.
Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat importiert von: Rezensionen online open (inkl. SB Salzburg)
Exemplare
Ex.nr. Standort
6395 DR.AS, Zai

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